VGH München, Urteil vom 27.06.2019
Az.: 22 AE 19.40025
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I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1, 2 und 3.
III. Der Streitwert wird auf 7.500 € festgesetzt.
Gründe:
I.
1. Der Antragsteller ist der Bundesverband einer nach § 3 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG - anerkannten Vereinigung; er tritt nach seinem Vortrag als ökologisch ausgerichteter Verkehrsverein vor allem für die Stärkung der Verkehrsmittel Fahrrad und Bahn ein, hierbei u.a. für die Attraktivität und Sicherheit des Bahnverkehrs für die Fahrgäste. Er begehrt eine einstweilige Anordnung, mit der die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet wird, den drei Beigeladenen (nachfolgend zusammenfassend als „der Vorhabensträger“ bezeichnet) Arbeiten zur Umsetzung des bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses - PFB - vom 9. Juni 2015 (betreffend den Planfeststellungsabschnitt 1 - PFA 1 - vom Bahnhof L. bis zum K.platz des Gesamtprojektes 2. S-Bahn-Stammstrecke) zu untersagen.
Der Antragsteller macht geltend, gemäß dem PFB vom 9. Juni 2015 solle das zentrale S-Bahn-Eingangsbauwerk (der sog. „Nukleus“) am Hauptbahnhof (mit Tunnelbahnsteigen in ca. 40 m Tiefe unter der jetzigen Schalterhalle und noch unter den schon bestehenden, ca. 25 m tief liegenden Bahnsteigen der U-Bahn-Linien U1 und U2) gebaut werden. Nach Bestandskraft dieses PFB habe sich aber in der Ausschreibung für die Bauleistung gezeigt, dass keine Baufirma das Risiko einer solchen Bauausführung übernehmen wolle; der Tiefbahnsteig am Hauptbahnhof sei so, wie er planfeststellt sei, konstruktiv nicht machbar. Deshalb habe der Vorhabensträger eine grundlegende Planänderung für das Konstrukt am Hauptbahnhof („Nukleus“ und Lage der Bahnsteige) beantragt. Zu den planfestgestellten, mit dem vorläufigen Rechtsschutzantrag angegriffenen Maßnahmen im Bereich des Hauptbahnhofs gehöre oberirdisch auch der Abriss von Teilen des Bahnhofsgebäudes zur Freimachung des Baufeldes. Der bestandskräftige PFB sei außerdem wegen erheblicher brandschutztechnischer und konstruktiver Mängel rechtswidrig, das planfestgestellte Brandschutzkonzept sei mangelhaft und unzureichend. Unabhängig davon erforderten die jetzt notwendigen wesentlichen baulichen Änderungen am Bahnhof ein neues Brandschutzkonzept, insbesondere wegen der Veränderung der Fluchtwege und des Wegfalls des Ausgangs zum Karlsplatz. Die Undurchführbarkeit der geschilderten planfestgestellten unterirdischen Baumaßnahmen im Bereich des Hauptbahnhofs und das dadurch bedingte Erfordernis weitreichender Änderungen des Vorhabens, insbesondere auch hinsichtlich des Brandschutzes, seien in der beigefügten Beurteilung des Ingenieurbüros V ... vom 18. Juni 2018 dargestellt.
Aktuell gehe der Vorhabensträger daran, in Vollzug des PFB vom 9. Juni 2015 ein großes Baufeld auf dem Bahnhofsvorplatz aufzureißen und Teile des Bahnhofsgebäudes abzureißen, obwohl er mit den eigentlichen Bauarbeiten am Tiefbahnhof noch nicht beginnen könne und das Baufeld also noch nicht gebraucht werde. Durch die jetzt bevorstehenden Baumaßnahmen und das geplante Baufeld werde allerdings den Fahrgästen der normale, ungehinderte Zugang zum Hauptbahnhof genommen; Bahnsteige wären während der Bauarbeiten am Hauptbahnhof nur über Umwege zu erreichen, der Hauptzugang über die S.straße und die Eingangshalle wären ganz gesperrt. Weil die eigentlichen Bauarbeiten auf absehbare Zeit nicht begonnen werden könnten, entstünde eine jahrelange nutzlose Baubrache. Darin liege eine Beeinträchtigung des Gemeinwohls. Dieser Zustand werde jedenfalls viereinhalb bis sechs Jahre andauern; ein solcher Zeitraum sei für die erforderliche Umplanung und das für die Zulassung des geänderten Plans gebotene Verwaltungsverfahren (und eventuelle Klagen) zu veranschlagen. Die erforderlichen baulichen Änderungen des Vorhabens und die hierfür nötige Planänderung müssten nämlich in einem förmlichen Planänderungsverfahren gemäß § 18 d AEG, § 76 Abs. 1 VwVfG beschlossen werden; die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren gemäß § 76 Abs. 2 VwVfG (dass nämlich die Änderungen nicht wesentlich und – zusätzlich – Belange anderer nicht berührt seien) lägen entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin – die aber für ein solches vereinfachtes Verfahren entsprechende Verfahrensschritte schon getan habe – nicht vor. Auch die Tragweite der geplanten Änderungen mit der Rechtsfolge, dass sie wesentlich im Sinn von § 76 Abs. 2 VwVfG seien, ergebe sich aus der beigefügten Beurteilung des Ingenieurbüros V ... vom 18. Juni 2018.
Es sei sogar damit zu rechnen, dass das planfestgestellte Vorhaben insgesamt nicht verwirklicht werde. Denn die für das Projekt getroffene – denkbar knapp ausgefallene –Wirtschaftlichkeitsaussage nach der „Standardisierten Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen des ÖPNV“ werde infolge der Planänderungen noch ungünstiger. Die Förderfähigkeit des Projektes mit Bundes- und Landesmitteln und damit seine wirtschaftliche Realisierbarkeit insgesamt seien daher in Frage gestellt. Eine zusätzliche Verzögerung lasse außerdem die seitens der Landeshauptstadt M. geplante neue U-Bahn-Linie U9 erwarten, die in die vorhandene und die geplante unterirdische Bahn- und S-Bahn-Struktur am Hauptbahnhof integriert werden solle und zu der im Sommer 2019 der Stadtrat entscheiden werde, ob am Hauptbahnhof schon der Rohbau für ein Zugangsbauwerk zur künftigen U9 erstellt werden solle.
Wegen der geschilderten Rechtsmängel könne der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren die Rücknahme des PFB beanspruchen; hilfsweise komme ein Widerruf des PFB wegen nachträglich geänderter entscheidungserheblicher Tatsachen im öffentlichen Interesse (§ 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG) oder zur Verhütung schwerer Nachteile für das Gemeinwohl (§ 49 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG) in Verbindung mit Nr. 32 der Planfeststellungsrichtlinien (PFRL) der Antragsgegnerin vom März 2017 in Betracht. Zumindest aber wäre es grob unbillig und unverhältnismäßig, an dem planfestgestellten Vorhaben trotz der geänderten entscheidungserheblichen Umstände festzuhalten. Diese Ansprüche seien durch eine vorläufige Aussetzung der drohenden Baumaßnahmen am Hauptbahnhof als Eilmaßnahme im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu sichern, andernfalls würde eine Veränderung des gegenwärtigen Zustands die Durchsetzung dieser Rechte vereiteln oder wesentlich erschweren. Demgegenüber habe der Vorhabensträger kein berechtigtes Interesse am Vollzug des Abrisses vor Vorliegen des Planänderungsbeschlusses. Vielmehr obliege es der Antragsgegnerin, angesichts der Undurchführbarkeit der planfestgestellten Planung und des Umstands, dass selbst unter Berücksichtigung der erforderlichen Umplanungen die technische und die wirtschaftliche Machbarkeit des Vorhabens fraglich sei, die Fahrgäste und den Münchner Innenstadtbereich vor einem vorzeitig aufgerissenen und dann möglicherweise jahrelang brach liegenden großen Baufeld am und im Münchner Hauptbahnhof zu bewahren. Der Rechtsstreit sei eilbedürftig, da der Vorhabensträger angekündigt habe, mit den Bauarbeiten am 6. Mai 2019 zu beginnen.
Der Antragsteller beantragt,
durch einstweilige Anordnung die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Vorhabensträger die zur Umsetzung des genannten PFB vom 9. Juni 2015 beabsichtigten Baumaßnahmen am M. Hauptbahnhof, insbesondere Abrissarbeiten im Eingangsbereich des Bahnhofs und der Schalterhalle zur Freimachung des Baufeldes für das unterirdische S-Bahn-Eingangsbauwerk („Nukleus“), sowie Baustelleneinrichtungen im Bereich des Bahnhofsvorplatzes so lange zu untersagen, bis rechtskräftig über den Planänderungsantrag hinsichtlich der Umplanung des zentralen Eingangsbauwerks und der Lage der unterirdischen S-Bahn-Bahnsteige entschieden ist.
2. Die Antragsgegnerin (Schriftsatz vom 28.5.2019) und die Beigeladenen gemeinsam (Schriftsatz vom 31.5.2019) beantragen jeweils,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin erklärt, bei ihr seien mehrere Planänderungsverfahren im PFA 1 der 2.S-Bahn-Stammstrecke anhängig. Die zweite Planänderung betreffe den Bereich des Hauptbahnhofs; für diese führe die Antragsgegnerin ein Planänderungsverfahren nach §§ 18, 18d AEG i.V. mit § 76 Abs. 3 VwVfG durch. Den Antrag des Antragstellers, in einem Planänderungsverfahren gemäß § 18d AEG, § 76 Abs. 1 VwVfG und Nr. 32 Abs. 1 der PFRL des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) zu entscheiden, habe das EBA unter dem 21. Mai 2019 abgelehnt.
Der vorläufige Rechtsschutzantrag sei schon deshalb abzulehnen, weil ein Recht des Antragstellers oder ein streitiges Rechtsverhältnis, das einer Sicherungsanordnung zugänglich und vorliegend bedürftig wäre, weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sei. Fraglich sei, woraus das vom Antragsteller behauptete Recht der Fahrgäste abgeleitet werden könne und ob es, falls es bestünde, vom Antragsteller (1.) überhaupt und (2.) trotz des bestandskräftigen PFB, der dem Vorhabensträger Baurecht verleihe, noch mit Erfolg geltend gemacht werden könne. Die Behauptungen des Antragstellers zur „Zeitschiene“ im Zusammenhang mit seinem Einwand, das Baufeld werde noch nicht gebraucht, treffe nicht zu; sie sei zudem unbeachtlich, weil die jetzigen Bauarbeiten allein auf Grundlage dieses Baurechts geschähen, das ungeachtet der beabsichtigten Planänderung bestehe. Soweit der Antragsteller brandschutztechnische Mängel des planfestgestellten Vorhabens behaupte und sich hierzu auf die Stellungnahme des Büros V ... (vom 18.6.2018) berufe, der zufolge schon in einer Studie desselben Büros aus dem Jahr 2013 anlässlich des geplanten Tiefbahnhofs am Ostbahnhof festgestellt worden sei, „dass extrem tiefliegende Tunnelbahnhöfe, die in der bergmännischen Bauweise mit engen Bahnsteigtunnels errichtet werden, aus Sicht des Brandschutzes eigentlich gar nicht genehmigungsfähig sind“ (Büro V ... vom 18.6.2018, S. 9), sei diese Studie von 2013 schon Gegenstand der Verfahren zum PFA 3 neu der 2. S-Bahn-Stammstrecke gewesen und habe den Verwaltungsgerichtshof nicht überzeugt (mündliche Verhandlungen vom 16.11.2017 und 7.2.2018 zum Verfahren 22 A 16.40024; Beweisbeschluss des BayVGH v. 12.2.2018 - 22 A 16.40024 u.a.). Außerdem habe die im zweiten Planänderungsverfahren um Stellungnahme gebetene, für Brandschutz zuständige Fachabteilung der Landeshauptstadt M. - LHM - unter dem 17. April 2019 zusammenfassend geäußert, dass die Aussagen des Büros V ... vom 18. Juni 2018 bezüglich Mängeln beim Brandschutz einer fachlichen Überprüfung nicht standhielten; der gleichfalls angeforderten Stellungnahme des für Brand- und Katastrophenschutz zuständigen Sachgebiets 10 der Regierung von Oberbayern - Reg. v. Obb. - vom 2. Mai 2019 zufolge gebe es keinen Grund, die bisherigen Brandschutz-Planungen anzuzweifeln. Beiden überzeugenden Stellungnahmen schließe sich die Antragsgegnerin an.
Auch wirtschaftlich sei die Realisierung des Vorhabens durch die Umplanung nicht in Frage gestellt; eine neue Standardisierte Bewertung zur Ermittlung des Kosten-Nutzen-Wertes sei entbehrlich, weil die zweite Planänderung lediglich Optimierungen in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht zum Gegenstand habe.
In rechtlicher Hinsicht trägt die Antragsgegnerin im Wesentlichen das Gleiche vor wie der Vertreter des öffentlichen Interesses. Zudem macht sie geltend, hinsichtlich des Widerrufsgrundes gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG liege der behauptete Nachteil für das Gemeinwohl (Aufreißen eines großen Baufeldes auf dem Bahnhofsvorplatz, Abriss von Teilen des Bahnhofsgebäudes) nicht vor. Sowohl die bis Juli 2019 durchgeführten reinen Vorbereitungsmaßnahmen (z.B. Errichtung von Bauzäunen und Lärmschutzwänden, Abstützen der Decken, Entkernung der Gebäude im Zwischengeschoss) als auch die danach geplanten Abbruchmaßnahmen seien Gegenstand des PFB vom 9. Juni 2015. Dass der Begünstigte von einem bestandskräftigen und vollziehbaren PFB Gebrauch mache, könne nicht als Nachteil für das Gemeinwohl gewertet werden. Unabhängig vom Stand der zweiten Planänderung oder eines Verfahrens zur Integration der künftigen U-Bahnlinie U9 sei es zulässig und entspreche dem gesetzlichen Leitbild einer möglichst beschleunigten Planung und Durchführung bedeutender Infrastrukturvorhaben, mit genehmigten Bauarbeiten möglichst umgehend nach Vorliegen eines vollziehbaren Baurechts zu beginnen. Zudem sei die vom Antragsteller behauptete Verzögerung nicht zu erwarten. Denn entgegen seiner Auffassung sei für die zweite Planänderung ein vereinfachtes Verfahren nach §§ 18,18d AEG i.V. mit § 76 Abs. 3 VwVfG rechtens, weil die Planänderung von unwesentlicher Bedeutung sei und nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordere. Die betroffenen Träger öffentlicher Belange seien schon angehört, ihre Stellungnahmen dem Vorhabensträger zur Erwiderung zugeleitet worden. Das der bestandskräftigen Planfeststellung zugrundeliegende Brandschutzkonzept sei an die Planänderung angepasst worden und sei Gegenstand der Planänderungsunterlagen; die Branddirektion der LHM und das zuständige Sachgebiet 10 der Reg. v. Obb. hätten das geänderte Konzept gebilligt. Entgegen der Behauptung des Antragstellers müssten für die zweite Planänderung keine neuen Unterlagen mehr erstellt werden und keine weiteren Planungen, Anhörungen oder Beteiligungen mehr erfolgen, so dass das EBA nach Eingang der Erwiderung des Vorhabensträgers über den Antrag entscheiden könne. Schließlich bestehe auch kein Anordnungsgrund. Denn dem Antragsteller sei unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Personen zumutbar, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Bis Juli 2019 seien nämlich nur die genannten Vorbereitungsmaßnahmen geplant.
3. Die Beigeladenen machen zusätzlich geltend, der Eilantrag sei schon deswegen unzulässig, weil der Antragsteller im vorliegenden Eilverfahren zwar einen Anspruch auf Aufhebung des PFB behaupte, aber bei der Behörde (EBA) nicht zuvor die Aufhebung des PFB beantragt habe. Die begehrte Untersagung von Abrissarbeiten bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Planänderungsantrag sei zudem kein statthaftes Ziel zur Sicherung des geltend gemachten Aufhebungsanspruchs. Die Sache sei nicht eilbedürftig, weil vor dem Juli 2019 keine Abrissarbeiten stattfänden. Die nunmehr gegen die Rechtswidrigkeit des bestandskräftigen PFB erhobenen Einwände (betreffend die bauliche Gestaltung des „Nukleus“, das Brandschutzkonzept und die Nutzen-Kosten-Analyse) bezögen sich auf von Anfang an bekannte Umstände, ohne dass der Antragsteller gegen den PFB aus dem Jahr 2015 vorgegangen wäre; sein jetziges prozessuales Verhalten sei daher auch treuwidrig.
Einem Rücknahmeanspruch gemäß § 48 VwVfG stehe schon entgegen, dass der angegriffene PFB mit rechtskräftigen Urteilen für rechtmäßig befunden worden sei; die materielle Rechtskraft dieser Urteile erstrecke sich gemäß § 1 Abs. 1 Satz 4 UmwRG auch auf den an den damaligen Verfahren nicht beteiligten Antragsteller. Nachträglich zu beachtende Umstände, aufgrund derer die Rechtskraftwirkung eingeschränkt sei, bestünden nicht. Das jetzt eingeleitete Planänderungsverfahren sei bezüglich dieser Wirkung unbeachtlich, solange das EBA nicht über die Planänderung entschieden habe. Die bautechnische Durchführbarkeit des Vorhabens PFA 1 sei nicht nur durch den PFB hierzu geprüft und danach bestandskräftig festgestellt worden. Vielmehr hätten dem Vorhabensträger – entgegen der Behauptung des Antragstellers im April 2016 – auch Angebote der sich an der Ausschreibung beteiligenden Baufirmen ohne jede Einschränkung oder Vorbehalte bezüglich der bautechnischen Machbarkeit der Planung vorgelegen; die verschiedenen Planänderungen, namentlich die hier streitige zweite Planänderung, bezweckten lediglich eine Optimierung der Bauausführung, aber nicht ein Ausweichen vor bautechnischen Ausführungshindernissen. Es bestehe auch kein Grund für einen Widerruf des PFB, noch weniger habe der Antragsteller einen Anspruch hierauf. Dass – auch bestandskräftige – PFB noch rechtlich formalisierter Änderungen bedürften und dann mit den Planänderungsbescheiden eine Einheit bildeten, sehe das Gesetz ausdrücklich vor.
4. Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat mit Schriftsatz vom 23. Mai 2019 geäußert, er stelle keinen Antrag, jedoch sei der vorläufige Rechtsschutzantrag abzulehnen. Dem Antragsteller fehle schon die Antragsbefugnis, weil er kein subjektives Recht analog § 42 Abs. 2 VwGO geltend mache. Das von ihm angeführte Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz sei gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG auf Verwaltungsakte über die Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen nach den Nrn. 1 bis 5, die der Einhaltung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union dienen, anwendbar. Ein solcher Verwaltungsakt stehe aber nach dem Vortrag des Antragstellers zu den §§ 48, 49 VwVfG nicht inmitten. Außerdem mache er entgegen § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG nicht geltend, in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes berührt zu sein, und entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch nicht eine Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften. Ein anderer Anwendungsfall gemäß § 1 UmwRG sei vorliegend nicht ersichtlich. Mangels Geltendmachung eines eigenen Rechtes, dessen Verwirklichung vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG), sei der Antrag auch unbegründet. Es gebe keinen Rechtssatz dahingehend, dass mit der Durchführung eines unanfechtbaren PFB im Fall von Planänderungsanträgen gemäß § 76 VwVfG bis zum Erlass der Planänderungsentscheidung zugewartet werden müsse. Insofern gelte vielmehr in entsprechender Weise – und sogar erst recht – diejenige rechtliche Beurteilung, die der Verwaltungsgerichtshof für die abschnittsweise Planfeststellung eines Linienvorhabens abgegeben habe. Sonach könne ein Planbetroffener nicht beanspruchen, dass in einem PFB mittels Nebenbestimmung der Baubeginn bis zum bestandskräftigen Abschluss der Planfeststellungen für die Folgeabschnitte hinausgeschoben werde. Denn die Rechtmäßigkeit eines PFB werde nicht dadurch berührt, dass im Zeitpunkt seines Erlasses bekannt sei, dass der planfestgestellte Abschnitt nicht vollständig errichtet werden könne, solange nicht weitere Abschnitte des Gesamtvorhabens planfestgestellt seien. Überdies behaupte der Antragsteller selbst nicht, dass die beabsichtigten Änderungen die im bestandskräftigen PFB enthaltenen Abrissarbeiten am Hauptbahnhof entfallen ließen oder unausführbar machen würden; er behaupte nur die Notwendigkeit von Umplanungen. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des PFB vom 9. Juni 2015 gemäß § 77 VwVfG seien nicht glaubhaft gemacht.
Mit Schriftsatz vom 11. Juni 2019 hat der Antragsteller seinen Vortrag vertieft und hierbei insbesondere zu seiner Antragsbefugnis und den geltend gemachten Belangen der Fahrgäste (Behebung von nach Ansicht des Antragstellers vorhandenen Brandschutzmängeln und Erhaltung eines freien Zugangs zum Bahnhof) vorgetragen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Der Antragsteller erstrebt eine Sicherungsanordnung im Sinn von § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die erforderlich sei, weil andernfalls ein Recht des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könne. Rechte im Sinn von § 123 Abs. 1 VwGO sind materielle Rechte und Verfahrensrechte (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 22 m.w.N.). Das Bestehen eines solchen Rechts, also der Anordnungsanspruch, ist glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V. mit § 920 Abs. 2 ZPO; Happ, a.a.O., § 123 Rn. 51 m.w.N.). Hieran fehlt es vorliegend aus folgenden Gründen:
1.1. Der Antragsteller berühmt sich eines im Weg des § 123 Abs. 1 VwGO zu sichernden Anspruchs auf Rücknahme oder Widerruf des PFB vom 9. Juni 2015 gemäß §§ 48 oder 49 VwVfG, wobei aus den Schriftsätzen des Antragstellers allerdings nicht zweifelsfrei hervorgeht, ob er eine vollständige oder nur eine teilweise Aufhebung des PFB (und dann in welchem räumlichen oder sachlichen Umfang) für geboten hält. Die Rücknahme und der Widerruf eines Verwaltungsakts sind zwar ihrerseits Verwaltungsakte und deshalb grundsätzlich einer Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zugänglich. Die umfangreichen gesetzlichen Voraussetzungen für die beanspruchte Rücknahme bzw. den beanspruchten Widerruf sind indes gleichfalls glaubhaft zu machen. Daran fehlt es. U.a. äußert sich der Antragsteller nicht dazu, dass der zuständigen Behörde bei Rücknahme und Widerruf grundsätzlich Ermessen eingeräumt ist, das nur ausnahmsweise dahingehend eingeschränkt wird, dass jede andere Entscheidung als eine Rücknahme bzw. ein Widerruf ermessensfehlerhaft wäre. Ein Vortrag des Antragstellers zur Begründung des von ihm behaupteten Anspruchs auf Rücknahme oder Widerruf des PFB ist umso mehr geboten, als vorliegend ein dreiseitiges Rechtsverhältnis inmitten steht und der Antragsteller als Dritter die Beseitigung eines Verwaltungsakts begehrt, der einen anderen begünstigt, zudem bei bestandskräftigen PFB vorrangig dem berechtigten Interesse eines Dritten durch nachträgliche Anordnungen nach § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG Rechnung zu tragen ist (vgl. (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 49 Rn. 19a) und außerdem dort, wo es um erhebliche (!) Abwägungsmängel oder formelle Fehler geht, der Grundsatz der Planerhaltung gebietet, den Mangel möglichst durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren anstelle einer Aufhebung des PFB zu beheben (§ 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG).
Aus den vom Antragsteller angeführten „Richtlinien des EBA über den Erlass von Planrechtsentscheidungen für Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes nach § 18 AEG sowie der Magnetschwebebahnen nach § 1 MBPlG“ (Planfeststellungsrichtlinien - PFRL) ergibt sich nichts Anderes; denn auch diese unterscheiden unter Nr. 32 („Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens“) – entsprechend § 76 VwVfG – zwischen wesentlichen Änderungen einerseits und Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung andererseits (Nr. 32 Abs. 3 bis 6 PFRL). Auch angesichts dessen, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit des angegriffenen PFB vom 9. Juni 2015 rechtskräftig festgestellt hat (BayVGH, U. v. 11.07.2016 - 22 A 15.40031, -.40033, -.40035 und -.40036), wird der Vortrag des Antragstellers den Darlegungs- und Glaubhaftmachungsanforderungen im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht gerecht.
In seinem ergänzenden Schriftsatz (vom 11.6.2019) hat der Antragsteller umfangreich erneut geltend gemacht, weshalb der PFB vom 9. Juni 2015 wegen Mängeln des Brandschutzes rechtswidrig sei. Die – hier einmal unterstellten – Mängel des Brandschutzkonzepts im PFA 1 insgesamt, der Gegenstand des PFB vom 9. Juni 2015 ist, würden aber, selbst wenn sie beträchtlich wären, bei weitem nicht ausreichen, um einen nach § 123 Abs. 1 VwGO sicherungsfähigen Anspruch des Antragstellers auf (teilweise oder vollständige) Rücknahme dieses PFB begründen zu können. Denn der hinsichtlich des Brandschutzes nunmehr erneut angegriffene PFB ist bestandskräftig. Gründe, aus denen diese Bestandskraft z.B. wegen nachträglicher Erkenntnisse oder Entwicklungen durchbrochen werden könnte, hat der Antragsteller nicht dargelegt und sind auch nicht ersichtlich. Der Antragsteller verkennt in seiner Argumentation an dieser Stelle (wie auch in anderen Zusammenhängen), dass eine geänderte Planung mit einem geänderten Brandschutzkonzept vorliegt, so dass es dem Antragsteller obliegt, (1.) den sachlichen (insbesondere technischen) und rechtlichen Zusammenhang zwischen dieser nunmehr veränderten Planung und den von ihm behaupteten Ansprüchen herzustellen und (2.) darzulegen und glaubhaft zu machen, dass es zur Sicherung eines der behaupteten Ansprüche unumgänglich ist, schon vor der Entscheidung in einem etwaigen Klageverfahren den Vorhabensträger daran zu hindern, von seinem rechtskräftig festgestellten Baurecht Gebrauch zu machen.
Soweit es dagegen um die infolge der Planänderungen nötige Änderung des Brandschutzkonzepts geht, liegt dieses bereits vor. Die vom Büro V ... angesprochene, durch das Erfordernis einer Anpassung des Brandschutzkonzepts bedingte zeitliche Verzögerung des Vorhabens kann daher nunmehr von vornherein nicht mehr vom Antragsteller ins Feld geführt werden. Ob und inwieweit inhaltlich die Bedenken des Antragstellers gegen das geänderte Brandschutzkonzept berechtigt sein könnten, bedarf – auch unter Berücksichtigung des umfangreichen ergänzenden Vortrags (Schriftsatz vom 11.6.2019, Buchst. b auf S. 9 bis 19) – vorliegend keiner Entscheidung. Es ist schon nicht ersichtlich, was etwaige nötige Korrekturen am Brandschutzkonzept mit dem Abbruch von Teilen des Bahnhofsgebäudes und der Schaffung eines Baufeldes zu tun haben sollen.
1.2. Gleiches gilt, soweit der Antragsteller nunmehr (Schriftsatz vom 11.6.2019, Buchst. a auf S. 5 und 6) geltend macht, der PFB vom 9. Juni 2015 sei „für den Bereich Hbf.“ nach § 77 VwVfG aufzuheben, weil auf seiner Grundlage nicht mehr gebaut werden solle. Der eine Teil (Abriss der Schalterhalle und Baustelleneinrichtung) könne nicht ohne den anderen Teil (Zugangsbauwerk „Nukleus“) Bestand haben; zudem habe der Vorhabensträger mit dem umfangreichen zweiten Planänderungsantrag zum Ausdruck gebracht, dass er an der Ausführung gemäß dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss nicht festhalte. Es geht nicht darum, ob der Vorhabensträger den PFA 1 in jeder Hinsicht und in jedem räumlichen Bereich unverändert so, wie er bestandskräftig planfestgestellt ist, verwirklichen möchte. Ein bestandskräftiger Plan kann, solange das Vorhaben nicht fertiggestellt ist, unter den Voraussetzungen des § 76 VwVfG geändert werden. Einer (teilweisen) Aufhebung nach § 77 VwVfG bedarf es dann nicht. Dass im vorliegenden Fall der Vorhabensträger das Vorhaben nicht vollständig aufgegeben hat, sondern mit Änderungen weiterhin verwirklichen möchte, zeigt gerade der vorliegende Rechtsstreit. Es bedarf daher keiner Entscheidung dazu, ob der Antragsteller überhaupt einen einklagbaren und der Sicherung im Weg des § 123 Abs. 1 VwGO zugänglichen Anspruch auf eine Aufhebung gemäß § 77 VwVfG haben kann und an welche Voraussetzungen ein solcher Anspruch gebunden ist und ob sie vorliegend erfüllt sind.
1.3. Erstmals mit dem ergänzenden Schriftsatz macht der Antragsteller sinngemäß geltend, er habe einen Anspruch darauf, in dem für die Entscheidung über die Planänderung eingeleiteten Verwaltungsverfahren beteiligt zu werden (Schriftsatz vom 11.6.2019, S. 6 bis 9). Er macht geltend, wegen der beabsichtigten grundlegenden und weitreichenden Änderungen des bestandskräftigen Plans sei ein Verfahren nach § 76 Abs. 1 VwVfG erforderlich; dagegen handle das EBA verfahrensfehlerhaft, indem es wegen der – nach seiner irrigen Ansicht nur unwesentlichen – Änderungen lediglich ein vereinfachtes Verfahren nach § 76 Abs. 2 und 3 VwVfG eingeleitet habe. Die geplanten Änderungen beeinträchtigten den Nutzen der S-Bahn für die Fahrgäste, so etwa durch den Wegfall des bisher vorgesehenen Zugangs in der S.straße in Richtung Stachus (somit in der Hauptlaufrichtung von/zur Innenstadt) sowie die bislang dem Antragsteller nicht bekannte beabsichtigte Änderung, den Bahnsteig überwiegend in offener Bauweise anstatt – wie bislang geplant – in bergmännischer Bauweise zu verwirklichen. Der Antragsteller habe einen Anspruch darauf, zu diesen Änderungen Stellung zu nehmen. Hinzu kämen andere weitreichende Änderungen.
Damit kann der Antragsteller nicht durchdringen. Zwar kann in Betracht kommen, dass eine anerkannte Umweltvereinigung das Einschreiten der Aufsichtsbehörde gegen einen Vorhabensträger beanspruchen (und mit der Verpflichtungsklage einklagen) kann, der ein dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz unterfallendes Vorhaben ohne Durchführung eines die Beteiligungsrechte der Umweltvereinigung sichernden Verfahrens verwirklichen will, und dass der sonach gegebene Anspruch auf Einschreiten durch eine einstweilige Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu sichern ist (vgl. zu einem solchen Fall: VGH BW, B. v. 13.2.2018 - 5 S 1659/17 - UPR 2019, 26). Vorliegend kann jedoch zum einen das beantragte Änderungsvorhaben ggf. nicht durchgeführt werden, bevor insoweit eine vollziehbare Zulassungsentscheidung der Antragsgegnerin vorliegt. Zur Geltendmachung einer Verletzung eines Beteiligungsrechts des Antragstellers wäre ein Rechtsbehelf gegen diese Zulassungsentscheidung statthaft; ein Anordnungsgrund vor Erlass einer solchen Zulassungsentscheidung durfte nicht gegeben sein. Zum anderen erfolgt der vom Antragsteller beanstandete Abriss derzeit auf der Grundlage des bestandskräftigen PFB. Eine vorläufige Untersagung dieses Abrisses wäre daher nicht geeignet, ein etwaiges Beteiligungsrecht des Antragstellers in einem Planänderungsverfahren vorläufig zu sichern. Dass die vom Antragsteller angegriffenen Baufeldeinrichtungen nur dem geänderten Vorhaben dienen könnten, ist nicht ersichtlich. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich nämlich, dass vor allem die Position des sog. „Nukleus“ praktisch unverändert bleibt.
Weiter gehende, nach § 123 Abs. 1 VwGO sicherungsfähige Rechte ergeben sich auch nicht daraus, dass der Antragsteller eine nach § 3 Abs. 1 UmwRG anerkannte Vereinigung ist und nach dem Umwelt- Rechtsbehelfsgesetzes klage- und antragsbefugt sein kann. Die Anerkennung einer Vereinigung nach § 3 Abs. 1 UmwRG verschafft dieser Vereinigung für sich genommen noch nicht die Befugnis, die Rechtswidrigkeit jedweder behördlichen Entscheidung oder das Unterlassen einer – nach Ansicht der Vereinigung gebotenen – Entscheidung gerichtlich geltend zu machen oder vor Gericht das behördliche Einschreiten zu fordern. Erfolgreich kann ein solches Vorgehen nur dann sein, wenn der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (§ 1 UmwRG) eröffnet und die Voraussetzungen des § 2 UmwRG und im Fall von Verfahrensfehlern des § 4 UmwRG erfüllt sind. Bereits in Bezug auf die Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes im vorliegenden konkreten Fall bleibt der Vortrag des Antragstellers vage; der Antragsteller geht auch nicht fallbezogen auf die diesbezüglich vorgetragenen beachtlichen Bedenken der Antragsgegnerin und des Vertreters des öffentlichen Interesses ein.
Insbesondere ergibt sich aus seinem Vortrag nicht, welche Rechtsvorschriften vorliegend missachtet worden sein sollen mit der Folge, dass ein Rechtsbehelf nach Maßgabe von § 2 Abs. 4 UmwRG begründet sein könnte. In seinem Schriftsatz vom 10. Mai 2019 (S. 4 unten) hat der Antragsteller zwar als zu sichernden Anspruch ein „Recht der Fahrgäste am normalen, ungehinderten Zugang zum Hauptbahnhof, solange das Baufeld noch nicht gebraucht wird“ angeführt. Es ist aber nicht ersichtlich, inwiefern der Antragsteller einen solchen (vermeintlichen) Rechtsanspruch von Fahrgästen ins Feld führen dürfte oder dass insoweit mit dem Vorgehen des Antragstellers Rechtsvorschriften verletzt würden, die der Antragsteller nach Maßgabe von § 2 und § 4 UmwRG geltend machen kann.
Der im ergänzenden Schriftsatz des Antragstellers (vom 11.6.2019, Nr. 2 auf S. 2 bis 5) unter der Überschrift „Antragsbefugnis“ enthaltene Hinweis auf eine Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts, die einen gleichfalls vom Antragsteller erhobenen Rechtsbehelf und einen dem vorliegenden Rechtsstreit vergleichbaren Fall betroffen habe, kann den prozessual gebotenen Vortrag nicht ersetzen. Dies gälte selbst dann, wenn diese Entscheidung (ein Beschluss im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen einen für sofort vollziehbar erklärten PFB) sich nicht sowohl prozessual als auch materiell-rechtlich ganz beträchtlich vom vorliegenden Fall unterscheiden würde (vgl. OVG Hamburg, B. v. 15.8.2018 - 1 Es 1/18.P - juris; der Antragsteller hat das Aktenzeichen des Eilverfahrens falsch als „1 Es 4/18.P“ angegeben, das Aktenzeichen „1 E 4/18.P“ bezeichnet die dazugehörende Anfechtungsklage, vgl. OVG Hamburg, B. v. 15.8.2018, a.a.O., Rn. 9).
1.4. Im Schriftsatz vom 11.6.2019 (Buchst. c auf S. 19, 20) macht der Antragsteller als „Anordnungsanspruch 3“ geltend, das Planänderungsverfahren nach § 76 Abs. 1 VwVfG sei geboten und dauere mehrere Jahre. Deshalb widerspreche es dem Gebot der Verhältnismäßigkeit verwaltungsrechtlichen Handelns, wenn die Antragsgegnerin dem Vorhabensträger nicht untersage, jetzt schon das Baufeld einzurichten, und es zulasse, dass eine jahrelange Baubrache entstehe. Hieran habe der Vorhabensträger keinerlei schützenswertes Interesse, wogegen das berechtigte Interesse der Fahrgäste an der Benutzung des Bahnhofsvorplatzes, der Schalterhalle und des Durchgangs zu den Gleisen gewichtig sei. Der Antragsteller wolle nicht die Verwirklichung der zweiten S-Bahn Stammstrecke aufhalten oder gar verhindern; vielmehr ziele sein Antrag ausschließlich auf die Sicherheit der Fahrgäste, auf ein den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Planänderungsverfahren und auf einen behinderungsfreien Zugang zum Hauptbahnhof, solange das Baufeld nicht gebraucht werde.
Auch dieser Vortrag verhilft dem Antrag nicht zum Erfolg. In Bezug auf das „den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Planänderungsverfahren“ ist abschließend noch nicht entschieden. Nach derzeitiger im Eilverfahren nur möglicher summarischer Prüfung spricht einiges für ein Verfahren nach § 76 Abs. 2 VwVfG. Darauf hinzuweisen ist zunächst, dass Gegenstand des bestandskräftigen PFB vom 9. Juni 2015 der gesamte PFA 1 ist, der den Bau der neuen Stammstrecke im Abschnitt vom Bahnhof L. im Westen bis zum K.platz (Stachus) umfasst; demgegenüber sind die Änderungen im Bereich des Bahnhofs und bis etwa zur Mitte der S.straße ein räumlich kleiner (wenngleich verkehrstechnisch wichtiger) Teil. Das unterirdische Zugangsbauwerk („Nukleus“) soll zwar, wie sich aus den vom Antragsteller selbst vorgelegten vergleichenden Abbildungen (Schriftsatz vom 11.6.2019 S. 7 mit dem dortigen Hinweis auf die bildliche Darstellung im Schriftsatz vom 10.5.2019 auf S. 9) ergibt, tatsächlich (leicht) größer werden als nach dem bestandskräftig festgestellten Plan. Die Vergrößerung (mit der „Ausfüllung“ der nördlichen und südlichen „Einkerbung“ und der leichten Verlängerung nach Osten) erscheint anhand dieser Abbildungen aber nicht beträchtlich. Vor allem die Position des „Nukleus“ bleibt praktisch unverändert; der Haltepunkt Hbf. ist unverändert in 41 m Tiefe in der Mittelachse des Hauptbahnhofs, verschoben wird die Bahnsteigebene um ca. 80 m nach Westen (Erläuterungsbericht Nr. 2.2.1 auf S. 7). Eine weitere Änderung gegenüber dem bestandskräftig festgestellten Plan liegt in dem Entfallen des zunächst geplanten Aufgangs etwa in der Mitte der S.straße.
Dies kann aber neue Betroffenheiten nicht schaffen, weil die vom Antragsteller angesprochene „besondere Lagegunst“ eines Gewerbetreibenden rechtlich nicht vor Einschränkungen geschützt ist (vgl. BayVGH, z.B. U. v. 11.7.2016 - 22 A 15.40031 - juris Rn. 60). In den früheren Verfahren hatten Gewerbetreibende in der westlichen S.straße gerade geltend gemacht, der zusätzliche, ungefähr in der Mitte der S.straße geplante Aufgang der zweiten Stammstrecke entziehe ihnen die „Kaufkraft“ eines Teils derjenigen potentiellen Kunden, die bisher aus westlicher Richtung den Aufgang der ersten Stammstrecke am westlichen Anfang der S.straße nutzen. Der Wegfall des bisher vorgesehenen zusätzlichen Zugangs zur S-Bahn ist auch keine Beeinträchtigung eines schon vorhandenen Nutzens für die Fahrgäste. Inwiefern eine Änderung der Höhenlage der Gleise von Hauptbahnhof nach Westen und die Änderungen der Fluchttunnels im Westen wesentliche Änderungen sein sollen, vermag der Verwaltungsgerichtshof dem Vortrag des Antragstellers nicht zu entnehmen. Soweit der Antragsteller meint, die Errichtung des Bahnsteigs „überwiegend in offener Bauweise“ führe – im Vergleich mit einem Tiefbahnsteig in bergmännischer Bauweise – zu einem „völlig neuen Bauwerk“ (Schriftsatz vom 11.6.2019, S. 8), beruht diese Annahme anscheinend auf einem grundlegenden Irrtum. Denn die Begriffe „offene Bauweise“ und „bergmännische Bauweise“ bezeichnen lediglich die Art und Weise, nicht aber das Ergebnis des Bauvorgangs.
1.5. Im Schriftsatz vom 10. Mai 2019 (S. 5, 6) hat der Antragsteller einen Anspruch auf Widerruf des PFB geltend gemacht und ausgeführt, der Widerruf des PFB sei erforderlich um – im Sinn von § 49 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG – „schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen“. Der Nachteil für das Gemeinwohl sei das vorzeitige, möglicherweise ganz unnötige Aufreißen eines großen Baufeldes auf dem Bahnhofsvorplatz und der Abriss von Teilen des Bahnhofsgebäudes (Schriftsatz vom 10.5.2019, S. 5,6). Der (hier einmal unterstellte) Fall eines zum jetzigen Zeitpunkt noch unnötigen Abbruchs von Teilen des Bahnhofs und eine jahrelange „Baubrache“ mit entsprechenden Erschwernissen für Bahnfahrgäste dürften kaum als „schwerer Nachteil für das Gemeinwohl“ im Sinn von § 49 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG angesehen werden. Davon abgesehen sind derart missliche Zustände bei lebensnaher Betrachtung auch nicht zu befürchten. Denn schon eigene wirtschaftliche Interessen des Vorhabensträgers dürfen diesen davon abhalten, solche Gebäude und technischen Einrichtungen, die für die Sicherheit oder den Komfort der zahlenden Kundschaft wichtig sind, ohne bauliches Erfordernis zu beseitigen und bei Bedarf nicht rasch akzeptablen Ersatz hierfür zu schaffen, also etwa einen brauchbaren Zugang für alle Fahrgäste über das Baufeld oder um dieses herum herzustellen. Unabhängig davon erhebt § 49 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG das „Gemeinwohl“ für sich genommen nicht zu einem einklagbaren (und durch einstweilige Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO vorläufig zu sichernden) Recht. Vielmehr bezweckt die – im Übrigen eng auszulegende – Vorschrift, der Behörde in Ausnahmefällen, in denen die Notwendigkeit eines Widerrufs trotz Nicht-Eingreifens anderer Tatbestände unabweisbar ist, eine Möglichkeit zum Widerruf des begünstigenden Verwaltungsakts zu geben (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 49 Rn. 54 m.w.N.).
1.6. Es ist auch nicht ersichtlich, dass – wie der Antragsteller behauptet – die von ihm angeführten technischen Schwierigkeiten beim bestandskräftig festgestellten Bau des neuen Tiefbahnhofs unter der schon bestehenden unterirdischen Bahnhofsanlage entweder das Projekt „2. Stammstrecke“ aus wirtschaftlichen Gründen vollends in Frage stünde oder jedenfalls eine derart weitreichende Umplanung erfordern würden, dass der Abriss von Teilen des Bahnhofsgebäudes und die Schaffung eines großen Baufeldes entbehrlich und für die geänderte Planung nutzlos wären. Der Antragsteller und selbst die von ihm angeführte und beigefügte ingenieurtechnische Stellungnahme (Büro V ... vom 18.6.2018) beschränken sich insoweit auf Spekulationen über die möglichen Hindernisse beim Bau und die in Betracht kommenden Lösungsmöglichkeiten mit ihren jeweiligen Vorzügen, aber auch Nachteilen und die damit verbundenen Planungserfordernisse, Unwägbarkeiten, Zeitverluste. Sichtbar wird dies auch daran, dass der Antragsteller selbst (vorsichtig) formuliert „da möglicherweise im Hauptsacheverfahren die Rücknahme oder der Widerruf des PFB begehrt werden kann“ (Schriftsatz vom 10.5.2019 S. 18).
Die Antragsgegnerin hat demgegenüber vorgebracht (Schriftsatz vom 28.5.2019), dass der Vorhabensträger entgegen der Behauptung des Antragstellers nicht deshalb beantragt habe, weil die planfestgestellte Planung nicht realisierbar sei, sondern weil dadurch eine technische und wirtschaftliche Optimierung möglich sei; dies ergebe sich aus dem Erläuterungsbericht zur zweiten Planänderung (Schriftsatz vom 28.5.2018, S. 8). Im diesem vorgelegten Erläuterungsbericht vom 14. Dezember 2018 wird unter Nrn. 1.2, 1.3 und 1.4 (S. 1 bis 4) sowie Nr. 7.2 „Auswirkungen auf die Umwelt“ (S. 41 ff.) u.a. ausgeführt, dass die zweite Planänderung durch in den letzten Jahren begründete neue bauliche Gegebenheiten am Münchner Hauptbahnhof sowie eine wirtschaftlichere Bauweise veranlasst sei, dass mit den Änderungen für die Unterführung des U-Bahnhofs U1/U2 u.a. bauzeitliche Maßnahmen wie aufwendige Aussteifungen der weiter betriebenen Station U1/U2 vermieden und das Risiko durch Setzungen bzw. Einschränkungen der Gebrauchsfähigkeit der U-Bahnstation minimiert werden könnten, dass die vereinfachte und übersichtlichere Bauweise mit wesentlich weniger gleichzeitig stattfindenden Bauaktivitäten den Bauablauf vereinfachen bzw. die Bauzeit verkürzen und somit Kosten einsparen könne und dass Betroffenheiten Dritter vor allem in der S.straße durch den Entfall des Aufganges in Richtung K.platz deutlich reduziert würden. Durch den Wegfall des Aufgangs S.straße würden die baulichen Maßnahmen sowie bauzeitlichen Auswirkungen auf Dritte im Nahbereich des Aufgangs deutlich verringert; daneben würden verschiedene Regelungen im PFB gegenstandslos, die aufgrund der Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vom 11.7.2016 - 22 A 15.40031 u.a.) ergänzungsbedürftig gewesen wären.
Dies ist für den Verwaltungsgerichtshof nachvollziehbar und wird auch durch die spekulativen Annahmen des Büros V ... (vom 18.6.2018) nicht in Frage gestellt. Dass die Bahnsteige abweichend von der planfestgestellten Planung um ca. 80 m nach Westen verschoben werden sollen, bedeutet nicht, dass der Teilabriss des Bahnhofsgebäudes entgegen der ursprünglichen Planung jetzt nicht mehr erforderlich (oder jedenfalls sinnvoll) wäre; das Gleiche gilt für die Verwendbarkeit des Baufeldes. Über alle möglichen weiteren technischen und rechtlichen Folgen einer solchen Verschiebung, die zu bewältigenden technischen Herausforderungen und die denkbaren Schwierigkeiten, Hindernisse und Lösungen werden auch in der vom Antragsteller vorgelegten Studie des Büros V ... (vom 18.6.2018, vgl. Nr. 1.2 auf S. 5 bis 7) nur Vermutungen geäußert; mit der Darstellung und Begründung der geänderten Planung in dem – erst ein halbes Jahr später angefertigten – Erläuterungsbericht konnte sich die genannte Studie logischerweise nicht befassen. Anhaltspunkte dafür, dass der jetzt von Antragsteller bekämpfte Abriss von Gebäudeteilen infolge der Planänderung „überflüssig“ sein könnte, vermag der Verwaltungsgerichtshof dem Erläuterungsbericht nicht zu entnehmen.
Zusammengefasst ergibt sich aus dem Vortrag der Beteiligten und dem vorhandenen Aktenmaterial nicht, dass mit dem Abriss von Teilen des Bahnhofsgebäudes und der Schaffung eines Baufeldes Zustände geschaffen würden, die deswegen vermeidbar wären, weil sie für das beabsichtigte geänderte Vorhaben nicht benötigt werden und außerdem aus technischen Gründen ein Gebrauchmachen vom bestandskräftigen PFB (vom 9.6.2015) ausgeschlossen ist für den Fall, dass sich die beabsichtigte geänderte Planung aus technischen oder rechtlichen Gründen nicht verwirklichen ließe.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladenen gemeinsam haben sich mit ihrem Antragsablehnungsantrag am Kostenrisiko beteiligt (§ 154 Abs. 3 Satz 1 VwGO) und das Verfahren durch eigenen Sachvortrag gefördert. Es entspricht daher der Billigkeit im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO, ihre außergerichtlichen Kosten dem unterlegenen Antragsteller aufzuerlegen.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V. mit Nr. 34.4 (15.000 € für den vom Antragsteller behaupteten Anspruch auf Rücknahme oder Widerruf des PFB) und Nr. 1.5 (1/2 für den vorläufigen Rechtsschutz) des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Gericht | VGH München |
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Typ | Urteil |
Datum | 27.06.2019 |
Normen | § 42 Abs. 2 VwGO, § 80 Abs. 5 VwGO, § 123 Abs. 1 VwGO, § 154 Abs. 1 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO, § 18 AEG, § 18d AEG, § 49 Abs. 2 Nr. 3 und 5 VwVfG, § 75 Abs. 1a S. 2 VwVfG, § 76 Abs. 1 VwVfG, § 76 Abs. 2 VwVfG, § 76 Abs. 3 VwVfG, § 77 VwVfG, § 1 UmwRG, § 2 Abs. 4 UmwRG, § 3 Abs. 1 UmwRG, § 4 UmwRG |
Stichworte | Untersagung von Bauarbeiten in Ausnutzung eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses während eines Planänderungsverfahrens, Widerruf des Planfeststellungsbeschlusses, schwerer Nachteil für das Gemeinwohl, Brandschutz, Umweltvereinigung, S-Bahn |