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VGH Kassel, vom 07.12.1999

Az.: 2 A 404/98

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Urteil:

[...]

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klägerin ihre Klage zurückgenommen hat und die Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärt haben.

Unter Aufhebung der Festsetzungen des Eisenbahnbundesamtes - Außenstelle Frankfurt am Main – vom 21. November 1997 gegenüber der Klägerin

in Abschnitt A.2.9 betreffend Gewährleistung bestimmter Innenraumpegel,

in Abschnitt A.2.9 betreffend Durchführung von Nachberechnungen und Nachbesserung des Lärmschutzes zu Lasten der Klägerin,

in Abschnitt A.2.10 betreffend Hinweis auf § 75 Abs. 2 VwVfG im Rahmen des Erschütterungsschutzes

wird die Beklagte verpflichtet, hinsichtlich dieser Festsetzungen ein Planänderungsverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durchzuführen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Beklagte zu 4/5 und die Klägerin zu 1/5 zu tragen.

Das Urteil ist wegen der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten vorläufig vollstreckbar, jedoch darf der jeweilige Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Die am 1. Juni 1999 durch Ausgliederung aus dem Vermögen der Deutschen Bahn Aktiengesellschaft entstandene Klägerin wendet sich als Vorhabenträgerin des zweigleisigen Ausbaus sowie der Elektrifizierung der bestehenden Eisenbahnstrecken 3661 und 3662 (Rodgaustrecken der S-Bahn Rhein-Main) gegen insgesamt fünf von ihr als nachteilig empfundene Regelungen, die der Planfeststellungsbeschluss der Außenstelle Frankfurt am Main des Eisenbahn-Bundesamtes vom 21. November 1997 im Einzelnen wie folgt trifft:

1. In Abschnitt A.1.4 ("Nebenbestimmungen und Schutzauflagen") wird die Vorhabenträgerin bezüglich der Informationspflicht verpflichtet, "nichtbeglaubigte Abschriften der festgestellten Planunterlagen sowie des Textteiles der Planfeststellung vorzuhalten und Behörden, Trägern öffentlicher Belange sowie Privaten, die ein berechtigtes Interesse darlegen, auf Anforderung im notwendigen Umfang kostenlos zur Verfügung zu stellen".

2. In Abschnitt A.2.9 ("Schall/Schallschutz") ist, soweit durch aktiven Schallschutz die Immissionsgrenzwerte der.16. BImSchV nicht eingehalten werden, folgendes geregelt: „Bezüglich der Eisenbahngeräusche hat der Vorhabenträger Deutsche Bahn AG die in den schalltechnischen Untersuchungen für passiven Schallschutz vorgesehenen Einzelobjekte daraufhin zu untersuchen, ob durch die vorhandenen Dämmwerte sicher die Einhaltung der Grenzwerte (Innenraumpegel) im Nachtzeitraum gewährleistet ist, und zwar:

27 dB(A) bei Räumen, die überwiegend zum Schlafen benutzt werden, 37 dB(A) bei Wohnräumen, Behandlungs- und Untersuchungsräumen in Arztpraxen, Operationsräumen, wissenschaftlichen Arbeitsräumen, Leseräumen in Bibliotheken, Unterrichtsräumen, 42 dB(A) bei Konferenz- und Vortragsräumen, Büroräumen, allgemeinen Laborräumen, 47 dB(A) bei Großraumbüros, Schalterräumen, Druckerräumen von DV- Anlagen, soweit dort ständige Arbeitsplätze vorhanden sind.

3. Ebenfalls in Abschnitt A.2.9 wird "zur Absicherung der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte nach Inbetriebnahme der Strecke" festgesetzt, dass "bei berechtigtem Zweifel Nachberechnungen zu Lasten der Vorhabenträger erfolgen und aufgrund dieser Kontrollmaßnahmen die erforderlichen Nachbesserungen hinsichtlich des Lärmschutzes von den Vorhabenträgern zu leisten sind".

4. In Abschnitt A.1.2.1 werden die Prognosewerte der schalltechnischen Untersuchung - Fassung April 1995 - zum "Bestandteil der Planfeststellung" erklärt.

5. In Abschnitt A.2.10 ("Erschütterungsschutz") führt die Planfeststellungsbehörde aus: „ ... Treten nicht vorhersehbare Wirkungen des Vorhabens auf die Rechte Privater auf, so kann der Betroffene dagegen Schutzvorkehrungen verlangen. Sind solche Vorkehrungen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, besteht ein „Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld (vgl. § 75 Abs. 2 VwVfG).“

Gegen den ihr am 5. Januar 1998 zugestellten Planfeststellungsbeschluss hat die Deutsche Bahn AG als Rechtsvorgängerin der Klägerin am 3. Februar 1998 bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof Klage mit dem Antrag erhoben, die unter Nr. 1 bis 5 genannten Auflagen aufzuheben. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, die ihr von der Planfeststellungsbehörde erteilten Auflagen entbehrten im Wesentlichen aus folgenden Gründen ausnahmslos der Rechtsgrundlage:

Nicht sie als Vorhabenträgerin, sondern die Planfeststellungsbehörde selbst habe gemäß § 74 Abs. 5 Satz 4 VwVfG - freilich nur bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist - die Pläne vorzuhalten.

Die ihr erteilte Auflage, bezüglich der Eisenbahngeräusche bestimmte Grenzwerte (Innenraumpegel) in näher bezeichneten Räumen einzuhalten, differenziere zunächst nicht, wie geboten, nach der jeweiligen Nutzungszeit und ordne damit passiven Lärmschutz für nur während des Tages zu schützende Aufenthaltsräume auch nachts sowie für Schlafräume auch am Tage an. Ferner schreibe sie unzulässig bestimmte Innenraumpegel vor; denn bei den von der Beklagten aus der Tabelle 1 der Anlage zur 24. BImSchV übernommenen Werten handele es sich in Wirklichkeit nicht um normativ vorgeschriebene Innenraumpegel, sondern um Korrektursummanden zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Raumnutzung bei der Berechnung der erforderlichen bewerteten Schalldämm-Maße der gesamten Außenflächen des jeweiligen Raumes in Dezibel (DB). Schließlich verkenne die Beklagte, dass der Korrektursummand D nach dieser Tabelle um 3 DB unter dem einzuhaltenden Innenraumpegel liege, da er die geringere Dämmwirkung von Außenbauteilen bei gerichtet einfallendem Schall (gegenüber einer Messung im diffusen Schallfeld) berücksichtige, wie sich unmittelbar aus der Richtlinie für die Anwendung der VerkehrswegeSchallschutzmaßnahmenverordnung - 24. BImSchV - bei Schienenverkehrslärm (Akustik 23, Ausgabe 1997) des Forschungs- und Technologiezentrums München der Deutschen Bahn AG ergebe. Wegen der um 3 dB(A) zu niedrig bemessenen Grenzwerte sei es unmöglich, die nach Maßgabe der 24. BImSchV erforderlichen Schallschutzmaßnahmen korrekt zu ermitteln.

An der Aufhebung der bestimmte Innenraumpegel betreffenden Auflage habe sie, die Klägerin, ein hinreichendes rechtliches Interesse. Zwar sei bei dem derzeit beabsichtigten Betriebsprogramm ausgeschlossen, dass die in der Auflage für tagsüber genutzte Räume genannten Werte nachts überschritten würden, da nachts weniger Züge verkehrten als am Tage. Eine Änderung des Betriebsprogramms mit der Folge, dass der Lärm nachts - wie auf vielen anderen Strecken auch - anwachse, sei aber nicht ausgeschlossen; die dann gegebenenfalls auftretenden Konflikte seien nach Maßgabe des § 75 Abs. 2 VwVfG zu bewältigen.

Mit der zwecks „Absicherung der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte nach Inbetriebnahme der Strecke“ ausgesprochenen Auflage, dass bei berechtigtem Zweifel Nachberechnungen zu Lasten der Vorhabenträger durchzuführen und von ihnen aufgrund dieser Kontrollmaßnahmen die erforderlichen Nachbesserungen zu leisten seien, verweigere die Beklagte in rechtswidriger Weise eine Planfeststellung, die hinsichtlich der gegen Lärm erforderlichen Schutzvorkehrungen bestandskräftig werde, obwohl sie, die Klägerin, als Vorhabenträgerin einen Anspruch darauf habe, dass über Schutzvorkehrungen abschließend entschieden werde. Entsprechendes gelte, soweit die Planfeststellungsbehörde die Prognosewerte der durchgeführten schalltechnischen Untersuchung zu Bestandteilen der Planfeststellung erkläre. Das Gesetz lasse eine in mehrfacher Hinsicht unbegrenzte Korrektur von Fehlern bei der Bemessung von Schallschutzmaßnahmen gerade nicht zu; vielmehr könne insoweit ausschließlich bei Eintreten nicht voraussehbarer Wirkungen des Vorhabens erst nach Unanfechtbarkeit des Planes nach Maßgabe des § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG noch zugunsten Betroffener nachgebessert werden. Objektiv vorhersehbare nachteilige Entwicklungen müssten demgegenüber schon bei der planerischen Abwägung berücksichtigt werden und gingen, wenn sie nicht auf die Klage eines Betroffenen zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führten, nach geltendem Recht zu dessen Lasten. Jedenfalls könne der Betroffene auch im Anwendungsbereich des § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG nachträgliche Schutzvorkehrungen nur dann verlangen, wenn sich die nicht voraussehbare Lärmsteigerung als erheblich erweise; ein Lärmzuwachs sei aber erst bei einer Pegeldifferenz von 3 dB(A) gerade wahrnehmbar.

Schließlich lasse auch die in Bezug auf den Erschütterungsschutz ausgesprochene Auflage die zeitlichen Begrenzungen des Antragsrechts Betroffener nach § 75 Abs. 3 Satz 2 VwVfG außer Acht. Sie könne, da sie so gelte, wie sie geschrieben sei, nur dann als rechtmäßig erachtet werden, wenn in ihr neben dem Absatz 2 auch der Absatz 3 des § 75 VwVfG vollständig und richtig aufgeführt werde.

Die Klägerin beantragt,

die Festsetzung in Abschnitt A.1.4 des Planfeststellungsbeschlusses des Eisenbahn-Bundesamtes - Außenstelle Frankfurt am Main - vom 21. November 1997, durch die die Klägerin verpflichtet wird, nichtbeglaubigte Abschriften der festgestellten Planunterlagen sowie des Textteiles der Planfeststellung vorzuhalten und Behörden, Trägern öffentlicher Belange sowie Privaten, die ein berechtigtes Interesse darlegen, auf Anforderung im notwendigen Umfang kostenlos zur Verfügung zu stellen, aufzuheben

Sowie

unter Aufhebung der Festsetzungen dieses Planfeststellungsbeschlusses gegenüber der Klägerin

in Abschnitt A.2.9 betreffend Gewährleistung bestimmter Innenraumpegel,

in Abschnitt A.2.9 betreffend Durchführung von Nachberechnungen und Nachbesserung des Lärmschutzes zu Lasten der Klägerin,

in Abschnitt A.2.10 betreffend Hinweis auf § 75 Abs. 2 VwVfG im Rahmen des Erschütterungsschutzes

die Beklagte zu verpflichten, hinsichtlich dieser Festsetzungen ein Planänderungsverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durchzuführen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt die von der Klägerin angefochtenen Regelungen und Hinweise mit tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen; wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den Inhalt der Schriftsätze vom 15. Juli 1998 und vom 12. Januar 1999 verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge - (Anhörungsakten und Planfeststellungsunterlagen) Bezug genommen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

 

Entscheidungsgründe:

Soweit in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat die Klage - sinngemäß - dadurch zurückgenommen worden ist, dass die Klägerin ihr Begehren hinsichtlich der Prognosewerte der schalltechnischen Untersuchung nicht mehr weiterverfolgt und in Bezug auf die im Tatbestand angeführten Streitpunkte Nr. 2, 3 und 5 nicht mehr die (ersatzlose) Aufhebung der betreffenden Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss vom 21. November 1997, sondern nur noch die Verpflichtung der Beklagten beantragt hat, hinsichtlich dieser Festsetzungen ein Planänderungsverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durchzuführen, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO (mit der sich aus § 155 Abs. 2 VwGO ergebenden Kostenfolge) einzustellen.

Ebenfalls entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO ist das Verfahren ferner einzustellen, soweit die Beteiligten sodann den Rechtsstreit bezüglich des Streitpunktes Nr. 1 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben mit der Folge, dass das Gericht nur noch eine Kostenentscheidung gemäß § 161 Abs. 2 VwGO zu treffen hat.

Im Übrigen erweist sich die im Sinne der §§ 86 Abs. 3 und 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich geänderte Klage als zulässig und begründet; denn die die Streitpunkte Nr. 2, 3 und 5 betreffenden Festsetzungen des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten als Vorhabenträgerin des Ausbaus der Rodgaustrecken der S-Bahn Rhein-Main. In entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO ist die Beklagte deshalb zur Durchführung eines Planänderungsverfahrens (gemäß § 76 VwVfG) unter Beachtung der Rechtsauffassung das Gerichts zu verpflichten, soweit sie den festgestellten Plan nicht bereits selbst - durch die Aufhebung der das Vorhalten von Planunterlagen betreffenden Auflage - geändert hat.

Die nicht auf diese Weise bereinigten Meinungsverschiedenheiten der Beteiligten über die Verpflichtung der Klägerin zur Gewährleistung bestimmter Innenraumpegel (Nr. 2) und zur Durchführung von Nachberechnungen des Beurteilungspegels (Nr. 3) - sowie übrigens auch die Festsetzung, dass die Prognosewerte der schalltechnischen Untersuchung "Bestandteil der Planfeststellung" sind - beziehen sich sämtlich auf das dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zu Grunde liegende Lärmschutzkonzept. Dieses die Vorhabenträgerin mehr als nur unwesentlich belastende Konzept stimmt nicht mit den gesetzlichen Bestimmungen überein, die in den §§ 41 bis 43 BImSchG für den Bau sowie die wesentliche Änderung u.a. von Eisenbahnen zum Schutz der von Verkehrslärm Betroffenen getroffen worden sind; es steht auch nicht in Einklang mit den zur Durchführung des § 41 und des § 42 Abs. 1 und 2 BImSchG erlassenen Vorschriften der Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV - und der Verkehrswege - Schallschutzmaßnahmenverordnung - 24. BImSchV-. Im Einzelnen ergibt sich dies aus Folgendem:

Bei der Planfeststellung für die wesentliche Änderung eines Schienenweges ist grundsätzlich durch aktiven Schallschutz sicherzustellen, dass (schon) zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des geänderten Schienenweges die nach § 3 der 16. BImSchV berechneten Beurteilungspegel, die sich aus § 2 ergebenden Immissionsgrenzwerte - bei denen es sich jeweils um Außenpegel handelt - nicht überschreiten (vgl. das grundlegende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 05. März 1997 - 11 A 25.95 -, BVerwGE 104, 123 ff., 135 = NVwZ 1998, 513 ff., 518 = DVBl. 1997, 831 ff.). Für Überlegungen der Planfeststellungsbehörde über bestimmte auf Kosten des jeweiligen Vorhabenträgers einzuhaltende „Innen(raum)-Pegel" ist deshalb im Bereich rechtlich gebotener aktiver Schallschutzmaßnahmen bereits im Ansatz kein Raum. Nichts anderes gilt im Ergebnis aber auch für den Bereich des passiven Schallschutzes (§§ 42 und 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BImSchG i.V.m. der 24. BImSchV). Zwar legt die 24. BImSchV gemäß ihrem § 1 Art und Umfang der zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche notwendigen Schallschutzmaßnahmen für schutzbedürftige Räume in baulichen Anlagen fest, soweit durch den Bau oder die wesentliche Änderung u.a. von Schienenwegen der Eisenbahnen die in § 2 der 16. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerte überschritten werden. Art und Umfang des danach erforderlichen passiven Schallschutzes werden jedoch nicht, wie die Beklagte der Begründung zum Entwurf der 24. BImSchV (Stand: März 1995) entnehmen zu können glaubt, in jedem einzelnen Planungsfall durch entsprechende Schutzauflagen an den jeweiligen Vorhabenträger festgelegt, wonach dieser die nach den schalltechnischen Untersuchungen für passiven Schallschutz vorgesehenen Einzelobjekte daraufhin „zu untersuchen hätte, ob durch die vorhandenen Dämmwerte sicher die Einhaltung der Grenzwerte (Innenraumpegel) in schutzbedürftigen Räumen gewährleistet ist", und zwar beispielsweise 27 dB(A) bei Räumen, die überwiegend zum Schlafen benutzt werden, und 37 dB(A) bei Wohnräumen. Vielmehr legt die 24. BImSchV in § 2 Abs. 1 bzw. in § 3 Abs. 1, 3 und 4 i.V.m. den Gleichungen (1) bis (4) der Anlage Art und Umfang der für schutzbedürftige Räume in baulichen Anlagen notwendigen Schallschutzmaßnahmen selbst abschließend fest, ohne der Planfeststellungsbehörde noch die Möglichkeit für hiervon zu Gunsten Verkehrslärmbetroffener inhaltlich abweichende Schutzauflagen einzuräumen. Auch für Festsetzungen in eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschlüssen, mit denen der Vorhabenträger nach Auffassung der Planfeststellungsbehörde bloß zur richtigen Anwendung der für die Gewährung passiven Lärmschutzes maßgeblichen gesetzlichen Regelung verpflichtet werden soll, ist jedenfalls nach dem Inkrafttreten der 24. BImSchV kein Raum mehr.

Ungeachtet dessen ist der Korrektursummand D zur Berücksichtigung der Raumnutzung gemäß Tabelle 1 der Anlage - allein oder zusammen mit dem weiteren Korrektursummanden E für bestimmte Verkehrswege - nach der Regelungssystematik der 24. BImSchV auch nicht als „Grenzwert (Innenraumpegel)" zu verstehen, dessen Einhaltung der jeweilige Vorhabenträger auf seine Kosten zu gewährleisten hätte. Die Beklagte lässt insoweit außer Acht, dass die vorgenannten Korrektursummanden in Gleichungen einzustellen sind, nach denen das „erforderliche bewertete Schalldämm-Maß der gesamten Außenfläche des Raumes in Dezibel (DB)", nicht hingegen ein in schutzbedürftigen Räumen einzuhaltender Grenzwert bzw. ein konkreter Beurteilungspegel in dB(A) berechnet wird. Ausweislich der Begründung der 24. BImSchV (BR-Drucksache 463/96 vom 02: Juli 1996) berücksichtigt der Korrektursummand D nach Tabelle 1 der Anlage die Schallpegel für die unterschiedliche Raumnutzung sowie den erforderlichen Zuschlag von 3dB(A) , der seinerseits berücksichtigt, dass die Dämmwirkung von Bauteilen bei Geräuschen von Linienschallquellen bei in der Praxis üblichen Schalleinfallrichtungen geringer ausfällt als bei Prüfmessungen im diffusen Schallfeld. Da das Schalldämm-Maß, insbesondere das der Fenster, von dem Frequenzspektrum des jeweiligen Verkehrsgeräusches abhängig ist, müssen. auch die unterschiedlichen Frequenzspektren u.a. der verschiedenen Schienenverkehrsarten berücksichtigt werden, was durch den Korrektursummanden E - bei Schienenwegen von Eisenbahnen allgemein 0 DB - in der Tabelle 2 geschieht (a.a.O. S. 16). Daraus folgt, dass die Korrektursummanden D beispielsweise für Räume, die überwiegend zum Schlafen benutzt werden (27 DB), und für Wohnräume (37 DB) ganz bewusst um jeweils 3 DB niedriger angesetzt wurden, als es dem mit der 24. BImSchV angestrebten Schutzniveau der Vermeidung von Schlaf- und Kommunikationsstörungen - Innenraummittelungspegel von 30 dB(A) nachts bzw. von 40 dB(A) am Tage – entsprechen würde (vgl. BVerwGE 104, 123 ff., 142 unter Hinweis auf die BR-Drucksache 463/1/96, S. 3 und 7 f.). Eine kostenintensive Verbesserung des Schutzniveaus über die so schon bis zum Erlass der 24. BImSchV überwiegend gehandhabte Praxis hinaus war nämlich ausdrücklich „nicht gewollt". Zudem ist der Versuch des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, die Angabe „Korrektursummand D" durch die Angabe „Innenraumpegel Li, N/T" - wenn such bei gleichzeitiger Erhöhung der Werte in Tabelle 1 Spalte 2 um jeweils 3 dB(A) - zu ersetzen, an dem wie folgt begründeten Widerspruch des federführenden Ausschusses für Verkehr und Post gescheitert:

Die neue Schreibweise weist ersichtlich einen Innenraumpegel aus. In der Verordnung musste aus rechtlichen und praktischen Gründen die Festlegung eines Innenraumpegels vermieden werden. Die Verordnungsermächtigung in § 43 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG erstreckt sich nur auf Art und Umfang von Schutzmaßnahmen, nicht aber auf die Festlegung eines Innenraumpegels. Um zu vermeiden, dass das Schutzniveau für den Innenraum nach der 24. BImSchV als allgemein gültiger Maßstab auch in anderen Rechtsbereichen betrachtet wird, bedarf es der in der Verordnung gewählten Schreibweise.

Der Innenraumpegel hängt im hohen Maße von der Möblierung der Wohnung (Schränke, Teppiche, Vorhänge, Tapeten) ab. Das macht die Berechnung nicht nur aufwendig, wenn nicht sogar undurchführbar, sondern würde bewirken, dass das Schutzniveau auf die jeweilige Einrichtung des Raums abgestimmt ist, die damit als bestimmende Größe festläge. (BRDrucksache 463/1/96 S. 4 f.).

Angesichts dessen geht der erkennende Senat mit dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. auch das Urteil des 11. Senats vom 23. April 1997 - 11 A 17.96 NVwZ 1998, 846, 847 sowie den Beschluss des 4. Senats vorn 17. Mai -1995 - 4 NB 30.94 -, NJW 1995, 2572 ff. = UPR 1995, 311, 313) davon aus, dass sich der Verordnungsgeber der 24. BImSchV in Kenntnis der Problematik - verfassungsrechtlich bedenkenfrei - dafür entschieden hat, in überwiegend zum Schlafen genutzten Räumen mit den vorgesehenen passiven Schallschutzmaßnahmen unter Berücksichtigung des Schienenbonus von 5 dB(A) einen Beurteilungspegel von 30 dB(A) in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr sowie in Wohnräumen von 40 dB(A) in der Zeit von 6.00 bis 22.00 Uhr sicherzustellen, nicht hingegen entsprechend der Vorstellung der Beklagten dafür, einen dauerhaft einzuhaltenden Grenzwert (Innenraumpegel) von 27 bzw. 37 dB(A) festzusetzen.

Das der Klägerin von der Beklagten auferlegte Lärmschutzkonzept ist ferner mit der gesetzlichen Regelung insoweit nicht zu vereinbaren, als zur Absicherung der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte nach Inbetriebnahme der Strecke festgesetzt wurde, dass „bei berechtigtem Zweifel Nachberechnungen (des Beurteilungspegels) zu Lasten der Vorhabenträger erfolgen und auf Grund dieser Kontrollmaßnahmen die erforderlichen Nachbesserungen hinsichtlich des Lärmschutzes von den Vorhabenträgern zu leisten sind" (Streitpunkt Nr. 3). Zwar ist gemäß § 41 Abs. 1 BImSchG, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, u.a. bei der wesentlichen Änderung von Eisenbahnen unbeschadet des § 50 sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik (einschließlich des Verfahrens „besonders überwachtes Gleis", vgl. Verfügung des Eisenbahn-Bundesamtes - Zentrale Bonn - vom 16. März 1998, VkBl. 1998, 262 f.) vermeidbar sind. Damit gewähren das Gesetz und die 16. BImSchV (§ 2 Abs. 1) den von Schienenverkehrslärm Betroffenen aber entgegen der Ansicht der Planfeststellungsbehörde keine „Dauerschall(schutz)-Garantie" zu Lasten des Vorhabenträgers in dem Sinne, dass auch nach Unanfechtbarkeit des Planes im Zweifelsfall ohne zeitliche Einschränkungen noch nachzuprüfen wäre, ob die jeweilige Auslastung des Schienenweges derjenigen Verkehrsprognose entspricht, die der schalltechnischen Untersuchung bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zu Grunde lag. Soweit nach dem Lärmschutzkonzept der §§ 41 bis 43 BImSchG, welches allerdings entgegen der Ansicht der Beklagten- nachträgliche Anordnungen im Sinne des § 17 BImSchG unzweifelhaft ausschließt (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG), ein bestimmter Schallschutz „sicherzustellen" ist, bedeutet dies zunächst, dass es allein mit der erstmaligen Errichtung einer vor Verkehrslärm schützenden Anlage (beispielsweise einer Lärmschutzwand) nicht getan ist, sondern diese Anlage auch in Zukunft auf Kosten des Vorhabenträgers unterhalten sowie unter Umständen erneuert werden muss; es bedeutet ferner und vor allem, dass die Planfeststellungsbehörde sämtliche voraussehbaren nachteiligen Wirkungen eines Vorhabens (schon) im Rahmen der Abwägung berücksichtigen und nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsnormen durch Auflagen ausgleichen muss, soweit nicht ausnahmsweise ein Fall des § 74 Abs. 3 VwVfG gegeben ist (vgl. hierzu BVerwG, NVwZ 1998, 513, 518). Dabei obliegt es den von Schienenverkehrslärm Betroffenen, rechtzeitig zu prüfen, ob der Planfeststellungsbeschluss diesem Gebot genügt. Ist dies nicht der Fall, können - und müssen - sie zum Schutz ihrer Rechte innerhalb der Rechtsmittelfrist gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erheben.

Nur die nicht vorhersehbaren Entwicklungen dürfen - und müssen - bei der Verkehrsprognose außer Ansatz bleiben. Schlägt die Prognose fehl, weil diese Entwicklungen wider Erwarten dennoch eintreten, so billigt § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG den hierdurch nachteilig Betroffenen lediglich einen Anspruch auf nachträgliche Schutzauflagen zu (vgl. Urteil des BVerwG vom 16. Dezember 1998 - 11 A 44.97 -, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 24). Diese Vorschrift ist im Zusammenhang mit Satz 1 zu sehen, wonach Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen sind, wenn der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden ist. Sie will ausschließlich erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auftretende nachteilige Wirkungen des Vorhabens erfassen, mit denen die Betroffenen im Zeitpunkt der Planfeststellung verständigerweise nicht rechnen konnten (vgl. BVerwG NVwZ 1998, 846, im Anschluss an BVerwGE 80, 7, 13).

Ist demgegenüber die Berechnung des Verkehrslärms schon im Zeitpunkt der Planfeststellung erkennbar fehlerhaft, kommt für die Betroffenen ein nachträglicher Planergänzungsanspruch ebenso wenig in Betracht wie eine Auflage an den Vorhabenträger, noch nach Unanfechtbarkeit des Plans Nachberechnungen des Beurteilungspegels vorzunehmen und, falls erforderlich, Nachbesserungen hinsichtlich des Lärmschutzes zu gewähren (vgl. Urteil des BVerwG vom 21. März 1996 - 4 A . 10.95 -, Buchholz a.a.O. Nr. 13 = UPR 1996, 346, 347). Vielmehr müssen, wenn nach der Einschätzung der Planfeststellungsbehörde „schon jetzt Grenzwertüberschreitungen zu Lasten der Wohnbevölkerung absehbar sind", bereits in dem zu erlassenden Planfeststellungsbeschluss diejenigen Festsetzungen zu Lasten des Vorhabenträgers getroffen werden, die sicherstellen, dass die den Betroffenen zugemuteten Werte auch tatsächlich eingehalten werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die von dem Vorhabenträger prognostizierten Betriebsdaten willkürlich von der im maßgeblichen Zeitpunkt der Planfeststellung tatsächlich zu erwartenden Entwicklung abweichen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 05. März 1997 - 11 A 25.95 -, NVwZ 1998, 513, 517), was beispielsweise der Fall wäre, wenn ein in den integrierten Taktfahrplan der S-Bahn Rhein-Main am Tage (6.00 bis 22.00 Uhr) nicht oder nur schlecht einzupassender Güterzugverkehr, der von vornherein absehbar während des Prognosezeitraums - von im Allgemeinen 10 bis 20 Jahren - in die verkehrsärmere Nachtzeit (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) verlegt werden soll bzw. aus betrieblichen Gründen verlegt werden muss, zwecks Vermeidung von Grenzwertüberschreitungen ausschließlich bei der Berechnung des Mittelungspegels für den Tag berücksichtigt wird. Eine auf diese Weise erkennbar an der künftigen Entwicklung des Schienenverkehrs vorbeizielende „Prognose" darf von der Planfeststellungsbehörde nicht mit der Maßgabe übernommen werden, dass dem Vorhabenträger gegen seinen Willen und ohne zeitliche Einschränkung Nachberechnungen der betreffenden Beurteilungspegel sowie Nachbesserungen des Lärmschutzes im erforderlichen Umfang aufgegeben werden. Freilich bleibt es dem Vorhabenträger selbst unbenommen Betriebsregelungen (z.B. Beschränkungen des Verkehrs allgemein oder einer bestimmten Verkehrsart auf die Tagzeit, Einführung von Langsamfahrstrecken oder des Verfahrens „besonders überwachtes Gleis") planfeststellen zu lassen, wenn auf diese Weise sichergestellt werden kann, dass auch ohne weitere aktive und/oder passive Lärmschutzmaßnahmen die maßgeblichen Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden. Änderungen des der Planung zu Grunde liegenden Betriebsprogramms nach Inbetriebnahme der auszubauenden Strecke sind, wie die Klägerin zu Recht hervorhebt, durch die Planfeststellung nicht ausgeschlossen, und zwar auch dann nicht, wenn sie zur Folge haben, dass der Lärm nachts - wie auf vielen anderen Strecken auch - anwächst, insbesondere durch einen stärkeren Verkehr von Güterzügen. Sind derartige Folgen absehbar, muss die Planfeststellungsbehörde durch entsprechende Schutzauflagen im Sinne des § 41 Abs. 1 BImSchG „sicherstellen", dass der Beurteilungspegel auch künftig den jeweils maßgeblichen Immissionsgrenzwert nicht überschreitet. Dies gilt insbesondere dann, wenn es zutreffen sollte, dass der Vorhabenträger ,,durch kurzfristige Umschichtungen der geplanten Fahrzeiten von Güterzügen von der Nachtzeit in den Zeitraum bis 22.00 Uhr einen Prognosezustand schafft, der vielerorts gerade noch die Einhaltung der Grenzwerte bei Inbetriebnahme der Strecke garantiert, aber bei jeder Erweiterung des Betriebsprogramms automatisch zu einer Überschreitung führt".

Auf der anderen Seite darf die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidung über den erforderlichen Schutz vor Schienenverkehrslärm nicht auf die Erwägung stützen, die der schalltechnischen Untersuchung zu Grunde liegenden Zugzahlen und -arten sowie die Fahrgeschwindigkeiten blieben weit hinter der technisch möglichen Vollauslastung der auszubauenden Strecke zurück. Einwände gegen die Berechnung der Beurteilungspegel sind nämlich unerheblich, soweit sie sich auf in der Zukunft nur mögliche, nicht jedoch voraussichtliche Entwicklungen der Verkehrsmenge und -zusammensetzung stützen (vgl. BVerwG a.a.O.). Nach der Wertung des Verordnungsgebers ist bei der Prognose gerade nicht auf - technisch mögliche - Spitzenbelastungen des Verkehrsweges abzustellen, sondern auf die nach Maßgabe der Planung vorausschätzbare Durchschnittsbelastung. Diese ergibt sich bei Schienenwegen im Wesentlichen aus dem vorgesehenen Fahrplan des Personen- und Güterzugverkehrs (hier aus der Einbeziehung der auszubauenden Strecke in den integrierten Taktfahrplan der S-Bahn Rhein-Main) sowie einem im Hinblick auf eine etwa schon voraussehbare Ausweitung des Betriebsprogramms erforderlichen Zuschlag.

Demgegenüber bestimmt die von der Beklagten zitierte Richtlinie zur Berechnung der Schallimmissionen von Schienenwegen - Ausgabe 1990 - Schall 03 zwar in Abschnitt 4, dass bei Neu- und Ausbaustrecken mit den Zugzahlen zu rechnen ist, die der Vollauslastung der Strecke entsprechen. Dieser Abschnitt der Schall 03 ist in der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV aber nicht in Bezug genommen worden. Die Verkehrslärmschutzverordnung statuiert deshalb entgegen der Ansicht der Beklagten ein System, das (nicht absehbar benötigte) Kapazitätsreserven zulässt, ohne dass diese in die Lärmprognose einzubeziehen sind (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom - 03. März 1997 - i 1 A 9.97 -, NVwZ-RR 1999, 720, 723 m.w.N.).

Entspricht die, der schalltechnischen Berechnung zu Grunde liegende Prognose diesen Anforderungen, sind nachträgliche Planergänzungsansprüche von durch Verkehrslärm Betroffenen rechtlich ebenso ausgeschlossen wie die Verpflichtung des Vorhabenträgers, nach Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses Nachberechnungen der tatsächlichen Beurteilungspegel durchzuführen und ggfs. Nachbesserungen beim Lärmschutz vorzunehmen; denn derartige Ansprüche gesteht das Gesetz ausschließlich unter der Voraussetzung nicht voraussehbarer Wirkungen des Vorhabens nach näherer Maßgabe des § 75 Abs. 2 Satz 2 ff. und Abs. 3 VwVfG zu.

Mit dieser Regelung lassen sich die von der Beklagten bezüglich der Streitpunkte Nr. 2 und 3 zu Lasten der Klägerin getroffenen Festsetzungen nicht vereinbaren mit der Folge, dass die Beklagte, da diese „Auflagen" nicht isoliert (und ersatzlos) aufgehoben werden können, ohne zugleich das der Planung zu Grunde liegende Lärmschutzkonzept insgesamt zu Fall zu bringen, in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO nach Maßgabe der Entscheidungsformel zur Durchführung eines Planänderungsverfahrens hinsichtlich dieser Festsetzungen zu verpflichten ist.

Eine Verpflichtung des Vorhabenträgers, die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV in dem Sinne stets einzuhalten, dass der tatsächliche Lärmpegel zu keinem Zeitpunkt - auch nicht kurzfristig - höher liegen darf als die dort in § 2 Abs. 1 normierten dB(A)-Werte, besteht nach geltendem Recht, ebenfalls nicht. Denn bei dem Beurteilungspegel, der den jeweils maßgeblichen Immissionsgrenzwert nicht übersteigen darf, handelt es sich um einen Mittelungspegel zu dessen Wesensmerkmalen es gehört, dass der tatsächliche Lärmpegel zu bestimmten Zeiten höher, zu anderen Zeiten niedriger liegt als das Mittel. Hieraus lässt sich indessen ein Verstoß gegen höherrangiges Recht nicht herleiten. § 41 Abs. 1 BImSchG nötigt nämlich nicht zu einem Schutzsystem, das die Gewähr dafür bietet, dass bestimmte Grenzwerte, die unterhalb der Grenze gesundheitlicher Gefahren (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) liegen, ausnahmslos zu jeder Stunde - bzw., wie die Beklagte formuliert, „stets" - gehalten werden. Diese Vorschrift besagt nämlich nicht, dass gerade die in § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV bezeichneten Werte (nicht als Mittelwerte eines längeren Zeitraums, sondern) als einzelne Stundenwerte die Obergrenze des Zumutbaren bilden (vgl. BVerwG UPR 1996, 346, 348).

Schließlich ist dem von der Klägerin zuletzt gestellten Antrag auch insoweit zu entsprechen, als er sich auf nachträgliche Planergänzungsansprüche der von Erschütterungen des Schienenverkehrs Betroffenen bezieht. Die zumindest unvollständige Wiedergabe des maßgeblichen Gesetzeswortlauts (§ 75 Abs. 2 Satz 2 ff. und Abs. 3 VwVfG) in dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss ist objektiv geeignet, bei seinen Adressaten einen falschen Rechtsschein hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen und der Modalitäten der Antragstellung zu erwecken. Dieser Anschein ist im berechtigten Interesse der Klägerin an Rechtssicherheit und -klarheit zu beseitigen, indem sich die Beklagte im Rahmen des von ihr durchzuführenden Planänderungsverfahrens auch entschließen muss, ob sie entweder von Hinweisen auf die Gesetzeslage gänzlich Abstand nimmt oder, falls sie derartige Hinweise für erforderlich halten sollte, den gesetzlichen Wortlaut, soweit er für den in Rede stehenden Planergänzungsanspruch einschlägig ist, vollständig und zutreffend wiedergibt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO, soweit die ursprünglich erhobene Anfechtungsklage in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat sinngemäß dadurch zurückgenommen worden ist, dass die Klägerin nur noch die Verpflichtung der Beklagten begehrt hat, hinsichtlich der Streitpunkte Nr. 2, 3 und 5 ein Planänderungsverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durchzuführen; sie ergeht gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben; schließlich beruht sie auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach die Beklagte als der unterliegende Teil die Kosten des streitig entschiedenen Verfahrens trägt. Danach hat die Klägerin insgesamt nur einen geringen Teil der gesamten Verfahrenskosten zu tragen, den der Senat pauschalierend mit einem Fünftel ansetzt, während die Beklagte den weitaus größeren verbleibenden Teil der Kosten übernehmen muss.

Die Vollstreckbarkeitserklärung beruht auf § 167.VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Gericht VGH Kassel
Datum 07.12.1999
Normen § 75 VwVfG; § 41 BImSchG; § 42 BImSchG; § 43 BImSchG; 16.- 24. BImSchV
Stichworte Verhältnis 16. zu 24. BImSchV; Außenpegel/Innenpegel; Interpretation der 24. BImSchV; Verkehrsprognose; Prognosefehlschlag; Betriebsregelungen planfeststellen

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