VG Köln, Urteil vom 17.05.2021
Az.: 18 K 5401/20
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Der Antrag auf Beiladung des Landes Berlin sowie des Landes Brandenburg wird abgelehnt.
Tatbestand:
Den Beiladungsanträgen ist nicht zu entsprechen, da Gründe für eine Beiladung nach § 65 VwGO nicht vorliegen.
Die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben. Danach sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, beizuladen. Dies verlangt eine besondere qualifizierte Betroffenheit des Beizuladenden, die nur dann anzunehmen ist, wenn die begehrte Sachentscheidung nicht wirksam getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig und unmittelbar in Rechte des Dritten eingegriffen wird. Durch die Entscheidung müssen auch seine Rechte gestaltet, bestätigt oder festgestellt, geändert oder aufgehoben werden.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 2011 – 6 C 11.10 –, juris Rn. 2.; OVG NRW, Beschluss vom 1. Dezember 2017 – 13 E 503/17 –, juris Rn. 2 m.w.N.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegen diese Voraussetzungen im Rahmen der Verpflichtungsklage vor, wenn der Kläger den Erlass eines Verwaltungsakts begehrt, der gegen einen Dritten gerichtet sein und diesen belasten soll, ferner dann, wenn der erstrebte Verwaltungsakt zugleich den Kläger begünstigt und den Dritten belastet, wenn also die rechtsgestaltende Wirkung des erstrebten Verwaltungsakts einen Dritten unmittelbar in dessen Rechtsposition betrifft, weil er Adressat des angestrebten Verwaltungsakts sein soll.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – 7 C 18.12 –, juris Rn. 13.; OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2019 – 15 E 12/19 –, juris Rn. 10.
Gemessen daran müssen die Rechte der Länder Berlin und Brandenburg – bereits nach ihrem eigenen Vortrag – nicht durch deren (notwendige) Beiladung zur Geltung gebracht werden, da das Klagebegehren nicht auf Erlass eines Verwaltungsaktes gegen sie gerichtet ist und die klägerseits erstrebte Befreiung diese auch nicht unmittelbar belastet.
Die Beiladungspetenten sind auch nicht nach § 65 Abs. 1 VwGO beizuladen. Im Falle der dort geregelten einfachen Beiladung kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Dies erfordert, dass der Dritte in einer solchen Beziehung zu einem Hauptbeteiligten des Verfahrens oder zu dem Streitgegenstand steht, dass das Unterliegen eines der Hauptbeteiligten seine Rechtsposition verbessern oder verschlechtern könnte, wenn also eine in der Sache ergehende Entscheidung für den Dritten ohne Vornahme der Beiladung zwar keine Rechtswirkungen (vgl. § 121 Nr. 1 VwGO) hätte, sich aber auf die Rechtsstellung des Dritten jedenfalls faktisch auswirken würde. Ist dieser Tatbestand erfüllt, entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen über die Beiladung.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. März 2019 – 15 E 12/19 –, juris Rn. 18, und vom 1. Dezember 2017 – 13 E 503/17 –, juris Rn. 25.
Ermessensleitend sind im Rahmen der Entscheidung über eine einfache Beiladung im Wesentlichen Gesichtspunkte der Prozessökonomie.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2019 – 15 E 12/19 –, juris Rn. 20.
Der vorliegend erfolgten Hinzuziehung der Beiladungspetenten im Beschlusskammerverfahren nach § 77 Abs. 3 ERegG ist keine derartige Bedeutung beizumessen, die ermessenslenkend im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung nach § 65 Abs. 1 VwGO wirkt. Denn durch die Regelung über die Hinzuziehung im Beschlusskammerverfahren nach § 77 Abs. 3 ERegG soll sichergestellt werden, dass alle von den – teilweise wirtschaftlich sehr weit reichenden – Entscheidungen 3 betroffenen Marktteilnehmer Gehör finden können. So wird gewährleistet, dass die Regulierungsziele mit Blick auf den gesamten Wettbewerb in den Eisenbahnmärkten umgesetzt werden können.
Vgl. die Einzelbegründung zu § 77 Abs. 3 ERegG im Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 18/8334, S. 227.
Die für eine Hinzuziehung nach § 77 Abs. 3 ERegG geltenden Maßstäbe sind hiernach schon deshalb nicht auf die Regelung der einfachen Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO übertragbar, weil diese auf das der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG dienende verwaltungsgerichtliche Verfahren zugeschnitten ist, das mit der sich aus der Gesetzesbegründung ergebenden Funktion des Beschlusskammerverfahrens nicht vergleichbar ist.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Dezember 2017 – 13 E 503/17 –, juris Rn. 29.
In Anbetracht dessen kann dahinstehen, ob eine von § 65 Abs. 1 VwGO vorausgesetzte Berührung rechtlicher Interessen der Beiladungspetenten angenommen werden kann. Denn jedenfalls übt die Kammer ihr Ermessen dahingehend aus, von einer einfachen Beiladung abzusehen, und lässt sich maßgeblich von prozessökonomischen Erwägungen leiten.
Selbst wenn im vorliegenden Verfahren aufgrund der speziellen Sachverhaltsgestaltung, die die Beiladungspetenten in ihrem Antrag hervorgehoben haben, denklogisch nur diese beiden Bundesländer als Aufgabenträger beizuladen wären, ist eine solche Beiladung nicht zweckdienlich. Dabei ist im Ausgangspunkt davon auszugehen, dass jede Erweiterung der Beteiligten auf Dritte zu einer gewissen Verfahrensverzögerung führt, die wechselseitigen Stellungnahmen und Erwiderungen geschuldet ist. Ein solcher zusätzlicher, nicht nur zeitlicher Aufwand ist dann gerechtfertigt, wenn mit ihm jedenfalls prognostisch eine prozessfördernde Wirkung verbunden ist. Dies ist vorliegend jedoch nicht erkennbar. Kläger, Beklagte und auch das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlung sind darauf bedacht, den Sachverhalt ausgiebig und umfassend zu ermitteln. Anhaltspunkte dafür, dass dies nur dadurch gelingen mag, dass die Bundesländer Berlin und Brandenburg als Beigeladene förmlich am Verfahren teilnehmen, sind nicht ersichtlich und auch in den Beiladungsanträgen nur abstrakt dargelegt.
Gericht | VG Köln |
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Typ | Urteil |
Datum | 17.05.2021 |
Normen | § 65 VwGO, § 77 ERegG |
Stichworte | Beiladung, Antrag auf Beiladung, qualifizierte Betroffenheit, Hinzuziehung im Beschlusskammerverfahren |